Samstag, 16. Februar 2013

Kamera: hui, Mikrofon: pfui?





Reißen wir uns zusammen, wenn eine Kamera in der Nähe ist, und sind einem einfachen Mikrofon gegenüber ehrlicher?
So schien es jedenfalls beim Flughafen-Streik am 14. und 15.2.2013*.

30 000 Passagiere waren allein am Freitag (15.2.2013) von dem Streik in Hamburg und Köln/Bonn betroffen**, aber in Wirklichkeit ist es doch so viel mehr:
die Familien und Freunde, die ihre Lieben erwarten, die Geschäftspartner und Kunden, die vielleicht unter Zeitdruck jemanden zu einem wirklich(!) wichtigen Meeting benötigen.

Und die Passagiere: Manche schaffen es einfach "nur" nicht rechtzeitig in den Urlaub - aber was, wenn sie sich nur eine Woche oder ein paar Tage leisten konnten? Dann machen auch ein zwei Tage gleich eine Menge aus.

Oder diejenigen, die zu einem Bewerbungsgespräch wollen und wegen Verspätung oder Nicht-Erscheinen den heiß ersehnten Job nicht bekommen? Und diejenigen, die zu einem wichtigen Familienfest reisen, oder zur Geburt eines Kindes nicht rechtzeitig da sein werden, oder sich von geliebten Menschen nicht verabschieden können?

Keine Frage, so ein Streik trifft besonders empfindlich nicht (nur) "die da oben", sondern ganz normale Menschen.

Aber wie unsicher werden die betroffenen Passagiere, wenn man sie fragt, "wie sie den Streik finden", während sie hilflos in irgendwelchen Schlangen am Flughafen stehen (und das sind nur diejenigen, die nicht von vornherein zu Hause bleiben mussten, weil ihr Flug komplett abgesagt wurde, also diejenigen, die noch Hoffnung haben wegzufliegen):

In der ARD war von "erstaunlich guter Stimmung" die Rede*** in den Warteschlangen (Pardon, den sogenannten "Linien" vor dem Sicherheits-Check). Die mit einer Kamera befragten versuchten einigermassen tapfer in die Kamera zu blicken und gelegentlich sogar "Verständnis" für die Streikenden zu bekunden,wie so oft in solchen Streik-Situationen.

Wir wollen eben nicht als "unsolidarisch" oder als (mentale) Streikbrecher erscheinen.

Aber: Sobald die Kamera weg war, sah es anders aus.
Radio Hamburg berichtete ZEITGLEICH von ausgesprochen schlechter Stimmung unter den Wartenden, und sobald keine Kamera, sondern nur ein Mikrofon zugegen war, schien es den Betroffenen leichter zu fallen, im Radio zuzugeben: "Ganz schön schlechte Stimmung hier und seeehr begrenztes Verständnis..."

(... (für den Streik den zweiten Tag in Folge. Zu diesem Zeitpunkt verlangte die Gewerkschaft bis zu 30% höhere Löhne, die Arbeitgeber boten 9% Erhöhung an.))


Was hättet ihr gesagt?
Habt ihr schon mal vor einer Kamera gesprochen?
Habt ihr grundsätzlich immer Verständnis für Streikende?
Würdet ihr in einer öffentlichen Situation lieber vorsichtshalber Verständnis für Streikende äußern?







* Streik der Gewerkschaft Ver.di, Sicherheitspersonal
** Hamburger Abendblatt vom 15.2.2013
*** Morgenmagazin vom 15.2.2013, kurze Zwischeneinspielung zur Stimmungsbeschreibung, leider nicht online erhältlich. Als Info kann ich nur dies anbieten: http://m.daserste.de/#videoplayer?id=koelnbonn-100

Karte/Produkt auf Foto aus der Reihe: "Crumpled City"


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1 Kommentar:

  1. Vor der Kamera auf die Flughafen-Streikenden schimpfen - das geht jetzt plötzlich! Vor einem Monat noch trauten es sich die Menschen nicht, höchstens im Radio. Aber innerhalb vier Wochen mindestens drei Tage Flugausfälle, das scheint die Grenze zu sein: jetzt sind alle Schranken gefallen, man schimpft auch in die Kamera ( von N24, 21.3.2013) hinein!!!

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