Freitag, 16. Mai 2014

Habt ihr ein Codewort?




Habt ihr Freunde, mit denen ihr einen
Not-Code vereinbart habt? Die sofort kommen, wenn ihr nur ein Wort per Sms schreibt, wenn es euch nicht gut geht?
Wollt ihr so was überhaupt?

JanaBlog jedenfalls las von so was, war skeptisch und dann erlebte sie es im wahren Leben...

Ein Codewort, das sich Freunde kommentarlos als Hilferuf schicken können sollten, das fordert* eine (angebliche/ehemalige) Freundin** von der Lebensgefährtin von Mick Jagger, L'Wren Scott, die sich vor ein paar Wochen das Leben genommen hat.
Ihr Traum laut Zeitschrift: Eine Art Notknopf drücken, ein Wort in der Sms, und ein Freund ist zur Stelle.

Da hat JanaBlog so ihre Zweifel:

Wollen wir das wirklich, uns mit so was belasten?

Wollen wir wirklich dass andere wissen dass es uns nicht gut geht?

Wüssten wir überhaupt wie wir einem Freund helfen könnten?

Jetzt können wohl diejenigen weg-hören/-lesen, die im Moment eine Familie oder (häufig als Single) eine Freundesclique oder WG haben in der sie verlässlich geborgen leben.

Aber andere (Mick Jaggers Lebensgefährtin?) träumen doch manchmal von dem Klingeln an der Tür und dass eine Freundin/Freund mit Kraftbrühe in der Hand sich an einem vorbeidrängt und liebevoll-resolut in die Küche will. Wie in einer der Serien, wo beispielsweise in Big Bang sogar der Sozial-Phobiker Sheldon gelernt hat dass man (fast wörtlich) "einem Freund in Not ein warmes Getränk anbietet, komme was wolle".
In den amerikanischen aber auch in Deutschland sehr/auffällig erfolgreichen Serien kann man diese Sehnsucht beobachten, den Traum von der Freundes-Gruppe die immer da ist, eine Ersatz-Familie. Sex and the City, Friends, Big Bang Theory, How I met your Mother, Entourage, New Girl, Modern Family (diesmal mit echter Familie), Community, Scandal, Girls.... 
Und im realen Leben gründen auch in Deutschland immer mehr Menschen riesige Wohngemeinschaften, Hausgemeinschaften und Cohousing-Projekte und sind bereit auf viel Privatsphäre zu verzichten, einfach in der Hoffnung eines Tages nicht allein krank und hilflos in ihrer Wohnung zu sitzen.

Andererseits:

-Wir haben doch schon genug um die Ohren!
Viele von uns haben Studium, Job, Familie und Freizeit zu jonglieren und bewegen sich dabei ohnehin am Rande der Überforderung.

- Zudem hat uns keiner beigebracht, wie wir mit kranken oder gar verzweifelten Menschen umgehen könnten. Wir wissen nicht genau was wir sagen oder tun sollen.

- Und außerdem (beklagen heute viele) dass es ohnehin auf eine gewissermaßen darwinistische Fassade ankommt, nämlich:
Probleme sind erlaubt, und müssen sein, sonst "wirkt man zu perfekt, aber
nur manche sind salonfähig:
Angesagt: Konflikte mit Lehrern in der Schule, eine Sportverletzung von einer hippen Sportart, zu viel zu tun im Job, zu viele Einladungen zu Parties,..
Eher nicht: Echte gesundheitliche Schwierigkeiten, mangelnder Erfolg von Kindern in der Schule, Eheprobleme, schleppende Jobsuche, Gefühl der Isolation, gar Anflüge von Depression - das geht zu weit.

Oder kennt ihr das nicht auch (alles wahre Geschichten aus dem Stegreif):

- Es kommt Samstags ein strahlendes Paar mit blondem Engelskind am Café vorbei spaziert, Bilderbuchfamilie, und ihr wisst zufällig dass er sie schwerwiegend betrogen hat und sie vor kurzem schon getrennt lebten?
- Oder zwei Freundinnen versuchen sich beim Abitreffen gegenseitig mit ihren wunden Punkten zu beeindrucken, die eine "gibt an": Sie hat (endlich) einen Mann gefunden, lebt jetzt schick in einer angesagten Stadt und hat es sogar noch geschafft rechtzeitig eine Familie zu gründen! Dabei vergisst sie aber zu erwähnen, dass ihr Kind schwer behindert ist...
- Oder wie viele Familien - jetzt einfach mal ein Beispiel: im Prenzlauer Berg - lassen wirklich durchblicken, dass ihr Familienleben nicht ideal ist, obwohl doch acht von zehn Kindern in der Grundschulen dort aus getrennten Paaren oder Patchworkfamilien kommen.***


JanaBlog-Fragen:

- Zeigen wir heute mehr als früher nur unsere darwinistisch einwandfreie Fassade, geben seltener Probleme zu, lassen uns nicht helfen?

- Ist die Familie die einzig zuständige
und für die meisten erreichbare Institution für "Not"-Fälle und
täuschen die aus dem anonymen New York kommenden Serien nur?


JanaBlog-Erlebnis:

Ganz kurz nachdem JanaBlog diesen Grazia-Artikel über das gewünschte Code-Wort gelesen hatte und voller skeptischer Fragen durch die Stadt lief, traf sie eine Bekannte, die ihr völlig begeistert unglaublich Passendes erzählte. Nämlich was ihr gerade passiert ist:

Diese Bekannte war wochenlang krank zu Hause gelegen, ohne dass es ihre Freunde mitbekamen (und ihr ging es zu schlecht um anzurufen). Und eine liebe Freundin traf sie danach zum Kaffee.
Jetzt wichtig: Sie wusste nichts über L'Wren Scott und sie haben weder über sie noch über den genannten Artikel gesprochen!
Die Freundin sah und hörte sich an, wie schlecht es der anderen gegangen war, erschrak sich und sagte von sich aus:
Du musst dich das nächste Mal melden! Einfach nur ein --- per Sms schicken! Lass uns das ausmachen, so ein Notzeichen, wir schicken ---, ok?
Keine Frage, ganz ohne Grazia-Magazin, DAS war ernst gemeint...


Braucht ihr nicht? Dann seid ihr sehr gut dran.

Nur, man weiß nie.
Auch L'Wren Scott hatte (nicht "Alles", aber) Vieles im Leben, und hätte es trotzdem gebrauchen können…









* Dianne Brill in "Ich habe ihre Hilfeschreie überhört" in der Grazia vom 27.3.2014,
**Erstaunlich wie viele Menschen "Freunde" von L'Wren Scott gewesen sein wollen, obwohl es eine sehr zweifelhafte Ehre ist nach einem Selbstmord. Aber die Menschen sprechen zu gern mit der Presse, selbst wenn es keineswegs das beste Licht auf sie zu werfen droht.
***... und das häufig unfreiwillig (nichts gegen freiwilliges und harmonisches Single-Parenting oder Patchworkfamilien!): Christian Füller im "Hilfe im Papaladen" , FAS vom 30.3.2014


Bilder:
Frau gesehen in Prag
Mann gesehen in Hamburg, HFBK.
Bitte falls euch die Künstler bekannt sind, schreibt an JanaBlog, und ihre Namen werden nachgereicht!


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Heißt „Erregungskurven“, und ist ganz normal im Buchhandel erhältlich, auch als E-Book, und international (JanaBlog-Leser in den USA aufgepasst)!

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