Dienstag, 24. Mai 2011

… und was war noch mal „Telefonieren“?

oder:

Ein gutes Telefongespräch
ist besser als eine
lange Rede.
(Lynden B. Johnson)

Das dürfte zwar immer noch gelten, aber wie lange noch? Denn:
Meine Lieben, wir verlernen gerade das Telefonieren! Wir brauchen es einfach nicht mehr! Nur:
Verlernen wir dadurch auch, uns spontan und emotional auszutauschen?

Privat: Das Festnetz-Telefon ist ohnehin still, die einzigen die das nutzen: die Familie. (Ich nutze das Telefon auch für lange externe Telefongespräche mit Freunden, aber nur wegen der Kosten oder Empfang, Skypen hat sich bei mir noch nicht durchgesetzt, bei euch?).
Auch auf Mobil-Telefonen wird die Sprach-Nutzung von Telefon-Gesellschaften als rückläufig beobachtet. Und die Voicemail ist ohnehin tot: Laut allen Umfragen hört sie einfach niemand mehr ab. Man schaut auf den Display, sieht dass jemand versuchte einen zu erreichen, und ruft entweder zurück oder nicht.

Geschäftlich: die Büros sind viel leiser geworden, telefoniert wird nur noch gezielt, meist verabredet und um ganz sachliche inhaltliche Dinge zu besprechen (Video-Konferenzen und Telefon-Konferenzen inklusive).

Laut eines New York Times Artikels von Ende März ist das ein neuer Trend. Er löste (natürlich online, schriftlich) einen wahren Kommentar-Sturm aus.

Viele reagierten dort auf diesen Trend erleichtert, denn er hat Vorteile:
in der Wohnung und Büro herrscht endlich angenehme Stille, und (auch wenn man das Handy abschalten kann, manchmal geht das nicht, weil man ein Gespräch erwartet oder Ähnliches): je weniger Menschen einen also anrufen, desto weniger wird man unterbrochen in dem, was man tut. Und wir „verlieren“ keine Zeit dadurch, dass schwer berechenbare Gespräche in unserem eng durch getakteten Alltag auftauchen.

Manche bestätigten den Trend nicht, aber etliche wünschten ihn herbei, um all die U-Bahn-Telefonierer („– – bin gerade aus dem Tunnel raus") zum Schweigen zu bringen.

Viele schließlich bestätigten den Trend, waren aber nicht begeistert.
Warum?
Sie vermissten den emotionalen Kontakt, das schnelle Hin- und Her des Gesprächs, Spontanität, menschliche Wärme, insgesamt also das „Direkte“ eines Telefongesprächs.

Ich denke: wir bewegen uns in dieser aufregenden Zeit tatsächlich auf Fragen zu wie zum Beispiel:

Wie viel persönlicher, oder zumindest auditiver Kontakt ist für uns als Menschen wirklich notwendig?
Oder wandeln wir uns in ein praktisch nur schreibendes Wesen und werden glücklich damit? Oder aber werden darunter unsere Beziehungen leiden? Werden wir dann weniger übereinander erfahren, weniger emotional verbunden sein, wird uns menschliche Wärme fehlen?
Oder, oder…?


(Vielleicht wird das Telefonieren eines Tages eine Art Gegen-Bewegung, oder gar nur eine Retro-Mode. Aber dann nur Retro in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts! Denn als noch 100 Jahre früher das Telefon erfunden wurde, war es eigentlich nur für geschäftliche Zwecke gedacht und die Telefon-Gesellschaften wehrten sich lange Zeit gegen die – unerwartet aufgetauchte, ja unerhörte – private Telefon-Nutzung! Kommen wir also einfach nur zurück zu den Wurzeln?)

(Foto: Marc F. Seesing, Platinum-Cards)

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