Dienstag, 20. September 2011

Jellyfish, nur Fisch

Ich habe da ein paar Fragen.

Wir sprechen von einem Restaurant, das Testsieger 2011/2012 bei Szene Essen und Trinken ist – Bewertung, nach der sich „ganz Hamburg“ richtet, in der Kategorie Wasser & Weide (ernsthaft, so heißt die Kategorie!).

Auf der Karte steht (neuerdings tatsächlich vollständig) ausschließlich Fisch, bis auf die Desserts natürlich.

Das Jellyfish unterstützt (Zitat von Jellyfish-Website:) nachhaltigen Fischfang und verwendet keine Produkte aus Netzfang oder unzertifizierter Aquakultur... vertiefend siehe unten*.

Meine Umfrage:

-Wie viele Menschen kennt ihr, die Fisch so sehr lieben dass sie auch wiederholt in ein Restaurant gehen würden, wo es ausschließlich Fisch gibt (fairerweise: auch ein Pilzrissotto auf der Karte)?
(Und ich meine nicht Touristen, die Jellyfish als etwas Spezielles besuchen, da man ja „in Hamburg Fisch isst“)

-Woran erkenne ich, dass ein Restaurant-Konzept erfolgreich ist? Insbesondere, wenn Jellyfish an einem normalen Donnerstagabend zu zwei dritteln leer ist?

-Muss ich rustikal grau melierte Tischplatten (die zurzeit alle hippen Restaurants erobern, ich weiß) in einem hochpreisigen Lokal toll finden, wenn das Holz so rustikal ist dass es in den Pulli fast ein Loch reißt?

-Wie viel wäret ihr bereit, in einem solchen Nur-Fisch-Restaurant zu bezahlen?

Diese Fragen sind ernst gemeint!

Hier eine Jellyfish-Schnelldurchlauf-Kritik natürlich, wie es sich gehört:

Essen: wirklich traumhaft die Fischvarianten mit Kürbis und Karamell-honigartiger Sauce, andere Gerichte eher durchschnittlich
Preise: Vorspeise ab 15 €, Hauptspeise 25 bis 32 €
Service: sehr locker und nett, bietet aber nicht Getränke an oder Kaffee, will vielleicht nicht gierig wirken aber andererseits…
Atmosphäre: menschlich sehr warmherzig, aber Wärme geht ansonsten nicht von dem vor allem in Abendbeleuchtung nüchternen Raum aus, Vorsicht: keine plüschige Atmosphäre für Valentinstag erwarten!

Zum Schluss natürlich eine letzte Frage:

Sind diese Fragen zeitgemäß?
(Oder ist uns die Öko-Korrektheit finanziell so viel wert?
Macht die Öko-Korrektheit die Einseitigkeit von Jellyfish wett?
Darf ein Öko-korrektes Lokal sogar nicht zu gemütlich sein, um nicht an die traditionellen Gegenspieler der Branche zu erinnern)?

Jedenfalls, spießig ist dieses Lokal nicht. Fischbesteck würde man hier vergebens suchen…


 

*Die Küche von Jellyfish arbeitet ausschließlich mit Fisch und Seafood aus Leinen- und Wildfang und kommt ohne Convenience- oder Tiefkühlprodukte aus. In der Auswahl seiner Lieferanten legt Jellyfish Wert darauf, dass sie ohne belastende Chemikalien und Düngemittel produzieren oder Bio-zertifiziert sind und – falls möglich – aus der näheren Umgebung kommen.

(Foto: Jellyfish-Website)

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