Das Zettelchen in der Auslage sagt übrigens: "Altes Telefon, Dekoration" |
Schluss mit dem
Gejammer über das „ständige Smartphone“!
Über die Kinder und Teenager, die sich ununterbrochen hin
und her schreiben/ Bilder gestalten/Videos schicken!
Denn das machen wir schon
seit Jahrhunderten!
Schon Goethe verschickte den ganzen lieben Tag nicht
nur Briefchen und Zettelchen, sondern
fast
noch mehr als wir heute mit Snapchat!
Und neben
berechtigten Sorgen
übersehen wir heute gerne die Chancen des WhatsApping/Snapchatting und Co.
Warum überhaupt so
viel Kontakt?
Als Sippen-Wesen
wollen wir uns immer verbunden fühlen. Deshalb geben wir uns gegenseitig Signale
– wie Entenküken piepend untereinander und mit ihren Müttern – sich versichernd
„dass wir noch da sind“.
Und gerade Teenager
haben das Bedürfnis mit ihren Freunden im ständigen Kontakt zu bleiben. Sie
sollten das genießen so lange es dauert,
denn nur in der Schulzeit hat man für so etwas im Leben Zeit!
Wie war es früher?
Jetzt mal ehrlich?
Das was wir heute per Smartphone tun, haben wir, ja haben
die heute Jammernden höchstpersönlich
selbst früher unter
anderem telefonisch betrieben:
- In der Schule
tauschte man unentwegt irgendwelche kleingefalteten Zettelchen-Botschaften aus.
- Teenager vor dem Handy/Smartphone-Zeitalter trieben
ihre Eltern zum Wahnsinn, indem sie stundenlang
das (Festnetz!-) Telefon der Familie besetzten um mit ihren Freunden mehr
oder weniger tiefsinnige Gesprächs-Sessions zu verbringen.
- Und wozu nutzten die Erwachsenen
das Auftauchen der Handys?
Für die berühmten UBahn-Anrufe: “Wo bist du...?“ (Ihr merkt: Entenküken, Piep...)
- Wir neigten zudem schon
immer dazu, es zu übertreiben.
Schon Goethe
beschwerte sich:
„...bringt man beinahe
soviel Zeit zu, seinen Verwandten und
Freunden dasjenige
mitzuteilen, womit man
sich beschäftigt, als
man Zeit sich zu
Beschäftigen selbst
hatte.“*
- Man braucht noch nicht einmal einen ganzen Roman von Jane Austen zu lesen um zu sehen, wie
sehr sich alle nicht nur dauernd schrieben, sondern sich auch ununterbrochen
geradezu Zeit-verschwenderisch besuchten.
Die Besuche betreiben
wir heute eben virtuell, und zwar sehr kreativ.
Ich brauche hier gar nicht detailliert auf die aktuellen Neuerungen – zum Beispiel bei
Snapchat** – einzugehen, die eine Kreativität beim Kommunizieren ermöglichen, dass
einem schwindlig wird.
Hier einfach ein paar
Möglichkeiten des
Kontakts***:
yo
FaceTime
Slack
Telegram
Sms,
natürlich, immer noch
Snapchat
Outlook
LinkedIn
Tinder
OkCupid
Instagram
Twitter
GroupMe
Venmo
YikYak
Twilio
und, na klar : WhatsApp
Wenn ihr die meisten
Kanäle nicht kennt, seid ihr entweder
nicht mehr
Teenager oder
lebt in Deutschland,
wo die allermeisten (sogar junge Journalisten-Anwärter) nicht mal auf
Instagram oder Twitter sind - ganz
anders als in englischsprachigen Ländern.
Und hier in Deutschland breiten
sich – auch bei JanaBlog! –
Befürchtungen aus, wir würden durch Smartphone-Nutzung
-keine Social Skills für direkten menschlichen Kontakt entwickeln,
wir könnten
-uns nicht mehr sprachlich ausdrücken, wir würden
-auf die reale physische Welt nicht mehr normal reagieren sondern
sie gefährlicher Weise für virtuell halten.****
JanaBlog-Fazit:
Es ist zur Zeit Mode
die Vorteile des Smartphone-Zeitalters zu unterschätzen.
die Vorteile des Smartphone-Zeitalters zu unterschätzen.
Klar, wir dürfen es mit dem
virtuellen Geplauder/Gehetze/Gespiele nicht
übertreiben – wie mit allem im Leben...
Und das Gejammer und genaues Beobachten der Entwicklungen ist
sehr wichtig.
Aber wie sich die Nutzung des
Smartphones langfristig auf unsere Gehirne und unsere Gesellschaft auswirken
wird, kann bisher noch keiner wirklich sagen. Und im Vergleich zum früheren
"Nur"--Telefonieren und Briefeschreiben
fördert das
Smartphone ganz neue Fähigkeiten, zum Beispiel
die ästhetische,
bildliche Kreativität,
die für unsere
heutige und künftige Welt genau die richtige Ausstattung ist.
Jugendliche haben heute ganz automatisch ein Auge für gute
Bild-Komposition, Timing für Video, Varianten der Bildbearbeitung, Wirkung von
Farben und vieles mehr. Selbst wenn es nur Selfies und YouTube-Make-up-Teachings
sind:
Mehr als jede
Generation zuvor haben die Kids heute die Chance, einen multidimensionalen Ästhetik-Blick zu
entwickeln. So einige von ihnen beginnen, von sich aus künstlerische Foto-/Video-Projekte
anzugehen,
mit einem wacheren Blick
durch die visuelle Welt gehend als die Älteren.
Und mit dem Stichwort „multidimensionale Nachrichten-Ästhetik“
nähern wir uns schon wieder Goethe und Co.…
… denn was hat man nicht alles verschickt zu/seit Goethes Zeiten über den Tag verteilt, per Boten:
Nicht nur Text-Nachrichten, sondern auch
selbst Gezeichnetes(!), Bilder als Geschenke
Zeitungsausschnitte (statt Links sozusagen)
aufgedrückte Küsse,
Fingerabdrücke,
getrocknete Blumen,
Fundstücke und Gegenstände, kleine Geschenke
Bücher,
Speisen, sogar frisch gekochte!
Gedichte „im Anhang“ – und
das alles verschiedentlich parfümiert…
Also keine Sorge,
wir sind heute eben einfach
alle ein wenig Goethe…
… der uns um unsere Smartphones vielleicht geradezu beneiden
würde…
*Johann Wolfgang Goethe: Sämtliche Werke nach Epochen seines
Schaffens. Münchner Ausgabe (21 in 33 Bänden). Hg. Karl Richter. Herbert G.
Göpfert, Norbert Miller, Gerhard
Sauder, Edith Zehm. München, Wien 1985-1998 (Hanser Klassiker)
Sauder, Edith Zehm. München, Wien 1985-1998 (Hanser Klassiker)
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