Dienstag, 12. April 2016

Goethes Snapchat





Das Zettelchen in der Auslage sagt übrigens:
"Altes Telefon, Dekoration"
Schluss mit dem Gejammer über das „ständige Smartphone“!

Über die Kinder und Teenager, die sich ununterbrochen hin und her schreiben/ Bilder gestalten/Videos schicken!

Denn das machen wir schon seit Jahrhunderten!

Schon Goethe verschickte den ganzen lieben Tag nicht nur Briefchen und Zettelchen, sondern 
fast noch mehr als wir heute mit Snapchat!

Und neben berechtigten Sorgen 
übersehen wir heute gerne die Chancen des WhatsApping/Snapchatting und Co. 


Warum überhaupt so viel Kontakt?

Als Sippen-Wesen wollen wir uns immer verbunden fühlen. Deshalb geben wir uns gegenseitig Signale – wie Entenküken piepend untereinander und mit ihren Müttern – sich versichernd „dass wir noch da sind“.

Und gerade Teenager haben das Bedürfnis mit ihren Freunden im ständigen Kontakt zu bleiben. Sie sollten das genießen so lange es dauert, denn nur in der Schulzeit hat man für so etwas im Leben Zeit!

Wie war es früher? Jetzt mal ehrlich?

Das was wir heute per Smartphone tun, haben wir, ja haben die heute Jammernden höchstpersönlich

selbst früher unter anderem telefonisch betrieben:

In der Schule tauschte man unentwegt irgendwelche kleingefalteten Zettelchen-Botschaften aus.

- Teenager vor dem Handy/Smartphone-Zeitalter trieben ihre Eltern zum Wahnsinn, indem sie stundenlang das (Festnetz!-) Telefon der Familie besetzten um mit ihren Freunden mehr oder weniger tiefsinnige Gesprächs-Sessions zu verbringen.

- Und wozu nutzten die Erwachsenen das Auftauchen der Handys?
Für die berühmten UBahn-Anrufe: “Wo bist du...?“ (Ihr merkt: Entenküken, Piep...)

- Wir neigten zudem schon immer dazu, es zu übertreiben.

Schon Goethe beschwerte sich:

„...bringt man beinahe soviel Zeit zu, seinen Verwandten und 
Freunden dasjenige mitzuteilen, womit man 
sich beschäftigt, als man Zeit sich zu 
Beschäftigen selbst hatte.“*

- Man braucht noch nicht einmal einen ganzen Roman von Jane Austen zu lesen um zu sehen, wie sehr sich alle nicht nur dauernd schrieben, sondern sich auch ununterbrochen geradezu Zeit-verschwenderisch besuchten.

Die Besuche betreiben wir heute eben virtuell, und zwar sehr kreativ.
Ich brauche hier gar nicht detailliert auf die aktuellen Neuerungen – zum Beispiel bei Snapchat**  – einzugehen, die eine Kreativität beim Kommunizieren ermöglichen, dass einem schwindlig wird.

Hier einfach ein paar

Möglichkeiten des Kontakts***:

yo
FaceTime
Slack
Telegram
Sms, natürlich, immer noch
Snapchat
Outlook
LinkedIn 
Tinder
OkCupid
Instagram
Twitter
GroupMe
Venmo
YikYak
Twilio
und, na klar : WhatsApp

Wenn ihr die meisten Kanäle nicht kennt, seid ihr entweder
nicht mehr Teenager oder
lebt in Deutschland, wo die allermeisten (sogar junge Journalisten-Anwärter) nicht mal auf Instagram oder Twitter sind - ganz anders als in englischsprachigen Ländern

Und hier in Deutschland breiten sich – auch bei JanaBlog! –
Befürchtungen aus, wir würden durch Smartphone-Nutzung
-keine Social Skills für direkten menschlichen Kontakt entwickeln, wir könnten
-uns nicht mehr sprachlich ausdrücken, wir würden
-auf die reale physische Welt nicht mehr normal reagieren sondern sie gefährlicher Weise für virtuell halten.****
JanaBlog-Fazit:

Es ist zur Zeit Mode
die Vorteile des Smartphone-Zeitalters zu unterschätzen.
Klar, wir dürfen es mit dem virtuellen Geplauder/Gehetze/Gespiele nicht übertreiben – wie mit allem im Leben...
Und das Gejammer und genaues Beobachten der Entwicklungen ist sehr wichtig.
Aber wie sich die Nutzung des Smartphones langfristig auf unsere Gehirne und unsere Gesellschaft auswirken wird, kann bisher noch keiner wirklich sagen. Und im Vergleich zum früheren "Nur"--Telefonieren und Briefeschreiben
fördert das Smartphone ganz neue Fähigkeiten, zum Beispiel

die ästhetische, bildliche Kreativität,
die für unsere heutige und künftige Welt genau die richtige Ausstattung ist.

Jugendliche haben heute ganz automatisch ein Auge für gute Bild-Komposition, Timing für Video, Varianten der Bildbearbeitung, Wirkung von Farben und vieles mehr. Selbst wenn es nur Selfies und YouTube-Make-up-Teachings sind:
Mehr als jede Generation zuvor haben die Kids heute die Chance, einen multidimensionalen Ästhetik-Blick zu entwickeln. So einige von ihnen beginnen, von sich aus künstlerische Foto-/Video-Projekte anzugehen,
mit einem wacheren Blick durch die visuelle Welt gehend als die Älteren.

Und mit dem Stichwort „multidimensionale Nachrichten-Ästhetik“ nähern wir uns schon wieder Goethe und Co.…

… denn was hat man nicht alles verschickt zu/seit Goethes Zeiten über den Tag verteilt, per Boten:

Nicht nur Text-Nachrichten, sondern auch
selbst Gezeichnetes(!), Bilder als Geschenke
Zeitungsausschnitte (statt Links sozusagen)
aufgedrückte Küsse,
Fingerabdrücke,
getrocknete Blumen,
Fundstücke und Gegenstände, kleine Geschenke
Bücher,
Speisen, sogar frisch gekochte!
Gedichte „im Anhang“ – und
das alles verschiedentlich parfümiert…


Also keine Sorge,

     wir sind heute eben einfach alle ein wenig Goethe… 

                    … der uns um unsere Smartphones vielleicht geradezu beneiden würde…






*Johann Wolfgang Goethe: Sämtliche Werke nach Epochen seines Schaffens. Münchner Ausgabe (21 in 33 Bänden). Hg. Karl Richter. Herbert G. Göpfert, Norbert Miller, Gerhard
Sauder, Edith Zehm. München, Wien 1985-1998 (Hanser Klassiker)

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