Mittwoch, 14. März 2012

Mehr Leistungsdruck, bitte!




Das wird nicht reichen (Design: glüxpfennig)
Das wünschen sich Jugendliche heute von ihren Eltern, ja, auch in Deutschland!! Und sie sagen, dass sie mit Leistungsdruck glücklich sind.
Und an alten Menschen zeigt sich, sie haben recht: denn wer diszipliniert und erfolgsorientiert bis ins hohe Alter arbeitet, bleibt gesünder, wir viel älter und ist viel glücklicher als derjenige, der die Leistungsorientierung nicht rechtzeitig erlernt hat.

Zwei Untersuchungen von großer Tragweite bestätigen dies.
Die erste, die die Lebensverläufe von 1500(!) Menschen bereits seit achtzig (!) Jahren begleitet, und eine, die in der großen Diskussion um "überforderte, ausgebrannte Kinder in Deutschland" auch endlich die Kinder selbst zu Wort kommen lässt.

Seit mehreren Wissenschaftlergenerationen, und zwar seit 1921!!! - läuft bereits ein einzigartiges Projekt*: die Untersuchung der Frage ob Arbeit - auch stressige - eher jung hält, oder ob ein entspannteres Leben uns ein besseres und längeres Leben beschert.
Alle 1500 Probanden sind um 1910 geboren und überdurchschnittlich intelligent, und alle wurden über die ganze Zeit in regelmäßigen Abständen zu allen möglichen Lebensbereichen befragt.


Interessante Ergebnisse dabei, außer dem Glücksgefühl?
Es gibt so gut wie keine Beweise, dass berufliche Herausforderungen das Immunsystem angreifen oder Herzerkrankungen fördern würden.
Und Erfolg lässt erstaunlich länger leben. Diejenigen, die am erfolgreichsten waren (nicht am Einkommen gemessen, sondern genauso am Ruf und Wirksamkeit!) lebten im Durchschnitt sogar um ganze fünf Jahre länger als die klassischen Ruheständler.**

Schlüssel zum Erfolg laut der beteiligten Wissenschaftler: die besondere Gewissenhaftigkeit und Disziplin der Erfolgreichen.
Heute würden wir es Selbstkontrollfähigkeit nennen.

Und genau diese zu lernen wünschen sich ausdrücklich die meisten derjenigen Gymnasiasten, zwischen 12 und 18 Jahren alt, die in einer Untersuchung einen Fragenkatalog von dreißig Fragen beantworteten - als Brief an eine (echte) Vierzehnjährige.***

Vier Fünftel der 120 Gymnasiasten geben zu, dass ihre Eltern sie ganz schön unter Leistungsdruck setzen (wäre manchen Eltern bestimmt peinlich!), aber Überraschung: genau diese unter dem Druck stehenden

-stellen ihren Eltern dafür sehr gutes Zeugnis aus und bezeichnen sich als
-besonders glücklich und
-das Leben genießend.

Besonders gut finden die Jugendlichen, wenn ihnen ihre Eltern beibringen, dass man langfristige Befriedigung und Erfolg aus Tätigkeiten erst dann ziehen kann, wenn man auch stressige oder unangenehme (Anlauf-)Phasen durchhalten kann. Wie schön es ist, durchgehalten zu haben und in irgendetwas so richtig gut zu sein.
Beispiel Hobbys - nur wer die schweren ersten Wochen Klavierüben durchhält, kommt später zu den schönen Kompositionen, und in den berühmten Flow.
Und da dies für alle Lebensbereiche, insbesondere später fürs Berufsleben genauso gilt, ist das Lernen von Umgehen mit Leistungsdruck, Selbstmanagement und Durchhaltevermögen nur fair: schließlich sollen die Kinder irgendwann auf das "wahre Leben" vorbereitet sein. Und das funktioniert nicht nach den Regeln des "spielerischen Lernens je nach Lust und Laune".

Übrigens: befragt danach, was sie bei der Erziehung ihrer eigenen Kinder eines Tages anders machen würden, gaben die Jugendlichen sogar zum Teil an, sie würden ihnen noch mehr abverlangen wollen.

JanaBlog-Theorie: schon aus unseren Mammut-Jäger-Zeiten sind wir darauf programmiert, etwas leisten zu wollen (möglichst erfinderisch etwas zu essen erjagen (oder sammeln)), und dafür Anerkennung unserer Sippe zu ernten. Das bedeutete seit jeher eben Glück! Deshalb ist es nicht etwas böses, sondern vollkommen natürliches.

In unserer bequem gewordenen Luxus-Zivilisation aber kämpfen wir alle auch gegen eine natürliche Trägheit an, die wir nur unter Anleitung der Sippe (Eltern und Schule) überwinden lernen.

Möglicherweise ist die Richtung zu mehr Leistungsorientierung für Kinder in Deutschland ohnehin unumkehrbar eingeschlagen. Umso besser.
Jetzt könnten wir dabei noch das schlechte Gewissen loswerden, fruchtlose Diskussionen lassen und --
unsere Energien auf andere Diskussionen ausrichten, zum Beispiel um die Qualität unserer Ausbildung zu verbessern.







*aktuell betreut von: Howard Friedman und Leslie Martin von der University of California, ihr Buch: "The Longevity Project", gibt es auch auf deutsch unter dem Titel "Die Long-Life-Formel: Die wahren Gründe für ein langes und glückliches Leben."

** Natürlich, früher war das Tempo der Arbeitswelt nicht so groß. Aber auch das wird berücksichtigt und hinzugefügt, dass es entscheidend ist, möglichst viel Entscheidungsspielräume einzurichten und seinen Arbeitsaufwand regulieren zu lernen. Stressfaktoren waren gemäß der Studie in der Regel nicht die Arbeit, sondern Konflikte.

*** Inge Kloepfer, FAZ Sonntagszeitung vom 11.3.2012. Von Isabel und Inge Kloepfer gerade neues Buch erschienen: "Glucken, Drachen, Rabenmütter. Wie junge Menschen erzogen werden wollen".

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