Donnerstag, 8. Dezember 2011

Eigene Geschenkideen? Out!

(Oder: Für die Freiheit!)


In Läden oder Websites vorbeischauen, auf die ich nur anlässlich von Geschenke-Jagden vor Weihnachten gerate. Wie lehrreich, wie kreativ, wie aufregend! Sich in ganz neue Gebiete hinein zu denken, die Freude, wenn man etwas erdacht und gefunden hat, was dem Beschenkten gefällt.
Und dann – Geschenke bekommen! An Bücher und Filme und Gegenstände herangeführt werden, die ich selbst niemals entdeckt hätte! Sich überraschen lassen!

So, meine Lieben, war das Schenken gestern.
Denn die Beschenkten von heute mögen solche Geschenke anscheinend gar nicht!

Ab jetzt heißt es: Bestellung vom Geschenk-Empfänger entgegennehmen, online bestellen, richtige Adresse eintippen, BEZAHLEN, fertig.
Beziehungaweise Liste erstellen, Wünsche äußern, auspacken, in Betrieb nehmen.

Denn: Laut Sozialwissenschaftlern, Etikette- Experten und Umfragen mögen die Beschenkten heute nur noch die Geschenke, die sie ausdrücklich bei uns bestellt haben.

Wissenschaftlich erwiesen! Durch Studien an der Stanford und an der Harvard Universität ( im März im Journal of Experimental Social Psychology veröffentlicht) stellte sich heraus, dass die Menschen neuerdings nicht nur bestellte Geschenke lieber mögen, sondern dass sie auch bei so gearteten Geschenken meinen, dass sich der Schenkende mehr Mühe gemacht hat als bei spontanen, vom Schenkenden selbst mühsam ausgedachten Geschenken!!!!

Und laut der amerikanischen National Retail Foundation war in den letzten 5 Jahren das begehrteste Geschenk - na? Ein Buch? Ein Fahrrad? Richtig – ein Geld-Geschenkgutschein!!!

Okay: Nun mag es in den USA anders sein als hier, aber wie lange noch? Oder ist es hier auch schon so?

Okay: Man kann natürlich beträchtlich viel vermasseln mit dem falschen Geschenk. Welche Verschwendung, all die im Keller verstauten oder zu wichtelnden Fehlgeschenke sind!

Aber wo bleibt die Entscheidungsfreiheit des Schenkenden?

Und wo bleibt der Komfort für den Beschenkten, der keine Einkaufs-Listen erstellen muss, sondern sich zurücklehnen kann, sich überraschen lassen (und in Ruhe die Geschenke für die anderen besorgen kann)?

Und warum entwickelt sich das Schenken überhaupt in diese Richtung?

Bisherige Erklärungsversuche von Sozialwissenschaftlern, Etikett-Spezialisten usw.:

-Wir definieren uns immer mehr über Dinge, also über das richtige Gerät, die richtige Kleidung, die richtige Marke eben. Dabei ist die Welt so komplex geworden, dass die Wahrscheinlichkeit ins Schwarze zu treffen unfassbar niedrig wird.

-Die Gier wächst*. Viele missbrauchen die Schenkenden einfach als die Erlediger ihrer Einkaufsliste, also Besorger dessen, was sie sich ohnehin selber auch kaufen würden.
 
Was meint ihr?

Gedicht von Joachim Ringelnatz


Ach ja, ich gebe es zu, auch ich kapituliere zumindest ansatzweise, allmählich:

- Nachdem ich ein paar Mal exakt das Gleiche wie die Eltern für ihre Kinder ausgesucht hatte, beschlossen wir, uns nur noch abzustimmen (bis auf ein gelegentliches, verwegenes Extra!). Und ab dem Teenager-Alter? Vergesst es!

- Und auch ich ertappte mich diesmal, einen mehr oder weniger (leider wohl eher ZU) diskreten Hinweis für einen Wunsch abzugeben....

Aber - nein. Ich plädiere immer noch für die Freiheit des Schenkers!

Denn um nichts Geringeres geht es hier doch. Und sei es auch nur die Freiheit nein zu sagen zu einem Listen-Geschenk, oder zumindest die Freiheit zu dem kleinen, riskanten, verwegenen, unbestellten Extra...!


 



* Ich denke hier nahmen die Wissenschaftler durchaus an, dass es sich nicht um Bedürftige handelt, die sich die Sachen sonst nicht leisten können!

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